Stell dir vor, du hast die Idee für eine innovative Lösung. Du zeigst sie deinen Vorgesetzten, schreibst sogar deine Masterarbeit darüber. Sie findet aber nie den Weg aus der Schublade. Johannes Schober hatte so eine Vision. Und wollte nicht darauf warten, dass andere sie umsetzen. 2014 gründete er ViewElevator.

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Kein wegzappen, mehr Aufmerksamkeit: Werbung im Lift. Johannes Schober, Gründer und CEO von ViewElevator sah die ungenützte Fläche und hat dafür eine Lösung entwickelt: Ein multifunktionales Display, das nicht nur Werbung, Ankündigungen und News zeigt, sondern durch eine eingebaute Kamera und Bewegungssensoren auch Notfälle erkennen kann. Und macht damit den Notruf im Lift barrierefrei. Die Displays sind quasi ein digitales schwarzes Brett und können in allen Gebäuden eingesetzt werden. Eine Idee, die großen Anklang fand: zu den Partnern zählt mit KONE AG einer der größten Konzerne der Aufzugsbranche. Kunden sind bislang unter anderem das Hotel Schaffenrat in Salzburg, Salzburg Wohnbau, die Panzerhalle und das Land Salzburg. Über 200 Displays sind derzeit in Österreich im Einsatz.

Neben Standorten in Friedburg und Wien verschlägt es den Jungunternehmer nun auch nach Puch/Urstein. Gemeinsam mit dem Hilfswerk Salzburg will er weitere Tests durchführen und erhält gute Konditionen für die nötige Infrastruktur. Ein weiter Punkt für den neuen Standort – die Glasfaserleitung, ein Kindergarten für Mitarbeiter*innen und die Lage: „Die Lage in Puch ist besser, wir sitzen in der Mitte zwischen Zürich, Frankfurt, München, Wien und Bratislava. Wir können schnell zu Vertriebspartnern und haben die FH mit potentiellen neuen Mitarbeitern oder neuen Forschungsprojekten um’s Eck“, sagt Schober. Mittlerweile besteht das Team aus drei Softwaretechnikern, einer dreiköpfigen Vertriebsmannschaft und einer eigenen Medienabteilung.

 

All-in-one Lösung

Werbemöglichkeit: „Wir nutzen unser Werbesystem ViewMedia um an den Standorten Anzeigen zu schalten. Das funktioniert quasi wie eine Fernsehwerbung. Man kann Werbung beim Auf- oder beim Abwärtsfahren einplanen, je nachdem ob die Zielgruppe der werbeschaltenden Kunden beim zur Arbeit oder nach Hause gehen erreicht werden soll. Damit werden die Werbebotschaften richtig platziert“, sagt Schober. Das funktioniert auf Basis eines IOT Systems. Außerdem werden Anzeigen nur dann abgespielt, wenn sich auch wirklich jemand im Lift befindet. „Wir verrechnen nur pay per view, weil wir wissen wie viele Personen in der Kabine sind und die Anzeigen sehen. Damit haben wir weniger Streuverlust als andere out of home Werbeformate“. Displaybesitzer können entscheiden, ob sie den Screen selbst bespielen oder beispielsweise eine 20 Prozentige Beteiligung an den Werbeeinnahmen oder eine Betriebskostenreduktion erhalten wollen. Nur dann, kann ViewMedia das Display als Werbemöglichkeit an den Standorten nutzen.

Der Sicherheitsaspekt: Neben dem klassischen Steckenbleiben im Lift, gibt es auch medizinische Notfälle in der Kabine. Dann ist eine zusätzliche Sicherheitsfunktion essentiell. Bei ViewElevator dient dafür eine Kamera mit Bewegungssensoren, die feststellt, ob es sich um eine Notfallsituation handelt und ein Bild an die Leitzentrale schickt. Wenn jemand sprachlich nicht mit der Leitzentrale kommunizieren kann, dienen zwei Buttons unter dem Display zur Interaktion.

Die Technik im öffentlichen Bereich: Über das Magistrat Salzburg erhielt das Team den Auftrag auch Toiletten mit dem barrierefreien Notrufsystem auszustatten – zwei in Hellbrunn, im Itzlinger Park und in der Getreidegasse. Insgesamt sind in Salzburg derzeit 100 Displays im Einsatz. „Unser Hauptfokus liegt auf Aufzüge. Die Toiletten sind ein schöner Nebenschauplatz“.

Bildcredit: ViewElevator

Die Branche

…zeigt sich vielseitig. In Europa werden zwar im internationalen Vergleich noch eher wenig Displays in Aufzüge eingesetzt. In den USA, Südamerika und Asien dagegen sehr viel mehr. Während es bereits ähnliche Produkt gibt, hat Schober die ViewElevator-Kombination aus barrierefreier Sicherheit und Werbeplattform noch nicht gesehen. 120 000 Aufzüge sind derzeit in Österreich in Betrieb. Jährlich kommen rund 4.000 dazu, alleine 450 werden jedes Jahr in Salzburg gebaut.

Neben dem Vertrieb in Österreich sind auch ViewElevator Displays in Deutschland, Schweiz und Slowakei im Einsatz. Die internationalen Partnerschaften hat der Jungunternehmer durch seine langjährige Erfahrung als Verkäufer in der Aufzugsbranche aufgebaut. „Wir waren auf der internationalen Leitmesse Interlift in Augsburg. Dort haben wir wichtige Kontakte nach Südamerika und USA geknüpft“, verrät Schober. In naher Zukunft konzentriert sich das junge Unternehmen auf den deutschsprachigen Raum und blickt auch bereits nach London.

 

Unterstützung in der Anfangszeit

„Wir haben zwar viele Förderungen bekommen, aber auch gleich zur Stunde Null zwei Business Angels. Das sind Freunde, die sich bei der Gründung mit Kapital eingebracht haben“, sagt Schober. Danach erhielt er Landesförderungen, eine FFG-Förderung, WKO Förderungen und eine Außenwirtschaftsförderung. „Förderanträge sind sehr umfangreich und kompliziert. Ich kann nur empfehlen, sich dabei Unterstützung zu holen, wie sie zum Beispiel auch Startup Salzburg anbietet„, so Schober. In den nächsten zwei Jahren arbeitet ViewElevator an seinem zweiten von FFG mit 350 000 Euro gefördertem Forschungsprojekt.

„Man ist als Startup oder Gründer mit einer ganz neuen Welt konfrontiert. Ich war davor in einem großen Konzern beschäftigt, da musste ich mich nur um meinen kleinen Bereich kümmern. Das ist bei meinem eigenen Unternehmen natürlich anders. Du brauchst nicht nur fachspezifisches Know-how sondern musst dich auch finanziell auskennen und dich mit der Gründungsthematik auseinandersetzen“, sagt Schober. Mit Schulungen, wie zum Beispiel dem Patentsprechtag, lasse sich dieses Wissen gut aufbauen. Bei Markenschutz oder IP Rechten setzt Schober auf professionelle Begleitung.

Medienwirksamen Rückhalt gab es auch von Erwin Buchinger, ehemaliger Sozialminister und Behindertenanwalt, der das Projekt von Anfang an unterstütze. Vor allem hinsichtlich des Sicherheitsaspekts. Die Bewohner des Wohnhauses der gemeinnützigen Organisation Jugend am Werk in der Herzmanskystraße in Wien erhielten schon im Mai 2016 einen Display für den Aufzug.

 

Leitfaden zur Patentrecherche

 

Bild: Johannes Schober, Gründer und CEO von ViewElevator (Credits: ViewElevator)

Drei Fragen an

Was waren deine größten Gründungs-Herausforderungen?

Johannes Schober: Die TÜV Prüfung zum Beispiel. Ohne die hätten wir keine Displays in Aufzüge bauen oder auch nur verkaufen dürfen. Die zu bekommen hat sehr lange gedauert. Dessen muss man sich vorher immer bewusst sein. Die Einschulung neuer Mitarbeiter – gerade im Verkauf ist auch herausfordernd. Es ist ein neues Produkt, das muss man richtig vermitteln. Wir haben Kunden, die sich darunter erstmal nichts vorstellen können. Ich würde auch jedem Gründer empfehlen, stark auf Arbeitsrechte und gesetzliche Normen zu achten. Wenn die Arbeitszeit das gesetzliche Limit überschreitet, muss man als Dienstgeber mit hohen Strafen rechnen. Das kann sehr schnell sehr teuer werden.

Wie hältst du es mit dem Traum vom Exit?

Johannes Schober: Das ist nichts für mich. Zumindest noch nicht. Von außen sieht das immer alles anders aus. In Wahrheit kommt mit einem Investor auch meistens ein knallharter Vertrag. Und schlimmstenfalls haben Gründer kaum mehr Anteile an ihrem eigenen Unternehmen. Oder der Investor kann einen Geschäftsführer einfach so absetzen. Da ist wirklich Vorsicht geboten. Wir hatten zum Beispiel schon zwei Angebote. Aber für mich ist jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt ViewElevator aus der Hand zu geben. Wenn es von einem großen Konzern aufgekauft werden würde, könnte es gut sein, dass es wieder nur für etliche Jahre in eine Schublade wandert. Das wäre schade.

Wie behältst du als Gründer den Überblick über alle Bereiche, alle Baustellen?

Johannes Schober: Wir haben relativ schnell interne Strukturen aufgebaut. Wir haben ein eigenes System, in dem wir alle eigenen Aufträge und Projekte abwickeln. Wir machen auch die Buchhaltung selbst, haben das Controlling integriert. Wichtig ist aber auch, dass jeder vom Backoffice weiß, was wir mit unserem Produkt machen und was wir alles machen können. Die Strukturen sollten gleich am Anfang richtig aufgebaut werden. Ein klassischer Startup-Fehler ist diese ein bisschen da und ein bisschen dort Mentalität.

Veröffentlicht am 7. Juni 2018

Auf Schreibwiesen laufend, wie in Sound of Music, nur eben anders. Nach Wien kam London dann Salzburg und jetzt wieder Wien. Mit Salzburg im Herzen hört sie sich nun weiterhin im Einsatz für Startup Salzburg nach spannenden Geschichten und Menschen um.

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