Mit einem geliebten Menschen eine Verbundenheit auch über den Tod hinaus zu spüren, das wünschen sich viele Hinterbliebene. „Edelzweig“ ermöglicht es Trauernden, mit ihren Lieben natürlich verbunden zu bleiben.
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Ein Begräbnis, wie es in unserer westlichen Gesellschaft täglich hunderte Male abläuft, ist vielen mittlerweile zu unpersönlich. Sie sehnen sich nach mehr Individualität und vielleicht auch immer mehr nach dem Gefühl, wieder eins mit der Natur zu werden. Der letzte Wunsch: Den natürlichen Kreislauf des Lebens zu schließen und dabei die Hinterbliebenen mit ihrer Trauer nicht alleine zu lassen. In einer Holzurne vereinen Bernhard Lapusch und Florian Gschweidl sowohl die Wünsche der Sterbenden, als auch die der Hinterbliebenen.
Gefertigt wird die individualisierbare Urne aus dem Ast eines Baumes, zu dem der Verstorbene einen Bezug hatte. So kann beispielsweise der Apfelbaum aus dem eigenen Garten oder ein Baum aus einer Region, in der sich der Verstorbene gerne aufhielt zu einer nachhaltigen Urne werden. Man braucht also nicht unbedingt Baumbesitzer sein, um seine Liebsten und sich in dieser natürlichen Ruhestätte beisetzen zu lassen. Wer die Stadt Salzburg zu seinen Lieblingsorten zählt, könnte somit in einem Ast aus dem Salzburger Volksgarten beerdigt werden. Dieses Angebot soll künftig auch in anderen österreichischen Städten zur Verfügung stehen. Bereitgestellt sollen die Äste von der jeweiligen Stadt selbst werden, da bei der städtischen Baumpflege ohnehin genug Holz anfällt.
Die beiden Gründer gewannen ihr Wissen über die Verarbeitung von Holz, während ihres Studiums „Holztechnologie & Holzbau“ an der FH Salzburg. Derzeit stecken sie gerade in den letzten Zügen ihres Master-Abschlusses, konnten sich aber schon in ihren Bachelorarbeiten umfassend mit ihrem Produkt und dessen Herstellung auseinandersetzen. Im Zuge dieser, entwickelten Bernhard und Florian ein eigenes Holz-Trocknungsprogramm, das die Personalisierung der Urnen innerhalb eines Tages möglich macht.
Vor zwei Jahren starb die Frau von Bernhards Großonkel. Mit ins Grab legte sein Großonkel eine Fließe, auf der sie an ihrem Lieblingsplatz immer gesessen hatte. Schnell erkannten die beiden, wie wichtig es Angehörigen ist, geliebten Menschen etwas Persönliches mit auf ihre letzte Reise zu geben. Mit der Entwicklung ihrer Holzurne, gelingt es den beiden nicht nur diesen Wunsch zu erfüllen, sondern auch eine natürliche Verbindung zwischen dem Toten und den Trauernden zu schaffen. Sie können immer wieder zu dem Baum, aus dem die letzte Ruhestätte angefertigt wurde, zurückkehren und sich erinnern.
„Edelzweig“ ist noch ein sehr junges Unternehmen. Obwohl die Studenten erst seit zwei Jahren an ihrem Projekt feilen, gelang ihnen in dieser kurzen Zeit schon so einiges. Im Zuge ihrer Bachelorarbeiten entstand nämlich nicht nur der Ablauf des Produktionsprozesses, sondern auch die Akquise potentieller Kunden – in ihrem Fall sind das Bestatter. Begeistert von ihrer Idee, konnten sich diese alle durchaus vorstellen, die personalisierte Holzurne in ihr Angebot aufzunehmen.
Natürlich läuft auch nicht immer alles nach Plan. „Schwierigkeiten hatten wir bis jetzt nur bei der Einschätzung des Absatzes. Trotz reichlich Feedback ist es schwer einzuschätzen, wie die Betroffenen in einer solchen Ausnahmesituation reagieren“, berichten die beiden. Es sei nicht einfach, Absatzzahlen anzunehmen, wodurch sich die Preisgestaltung als eher kompliziert gestaltet.
„Derzeit tüfteln wir noch an der Prozessoptimierung und am Produktdesign„, erzählen Florian und Bernhard. Anfang Sommer würden sie gerne mit der Vermarktung ihrer Urnen beginnen und sie an die Bestatter bringen. Zudem soll eine externe Tischlerei das Trocknen und Aufschneiden der Äste übernehmen.
Welchen Baum würdet ihr euch für eure eigene Urne aussuchen wollen und warum?
Bernhard: Den Apfelbaum in unserem Garten, auf dem ich schon als Kind herum geklettert bin. Gepflanzt wurde der von meinen Großeltern und ist mittlerweile 80 Jahre alt.
Florian: Den Kriecherlbaum zuhause, der im Frühling immer wunderschön blüht. Etwas später trägt er dann sehr leckere Früchte und war in Kindheitstagen eine tolle Klettergelegenheit.
Glaubt ihr an ein Leben nach dem Tod?
Florian: Wo man auf jeden Fall weiterlebt, ist in den Herzen und Erinnerungen der Familie und Freunde. So kann man den Angehörigen vielleicht auch in schwierigen Lebenssituationen weiterhelfen.
Bernhard: Was nach dem Tod kommt, weiß niemand. Es hat aber etwas Beruhigendes, vor allem im hohen Alter, auf „etwas danach“ zu hoffen. Das muss nicht unbedingt ein „Leben“ sein, der Glaube an etwas reicht.
Tipps für andere Startups?
Bernhard und Florian: Am wichtigsten ist es, ein kleines Team um sich zu haben, mit dem man gerne zusammenarbeitet. Teilt eure Ideen und Gedanken mit so vielen Menschen wie möglich und igelt euch nicht ein! Besonders am Anfang ist es wichtig, sich Feedback einzuholen, damit ihr euch nicht nur in eine Richtung entwickelt. Natürlich ist es ratsam, mit technischen Neuerungen vorsichtig umzugehen, um die Möglichkeit auf ein Patent nicht zu verspielen. Auch hier spielt Feedback eine große Rolle.
(Titelbild: © David Vig on Unsplash | alle anderen Fotos: © Edelzweig)
Veröffentlicht am 29. August 2019