Mit aktuellen Situationen flexibel umgehen, das können nicht nur unsere Startups, sondern auch wir. Denn das Herzstück des Startup-Salzburg-Veranstaltungsjahres fand heuer aufgrund der Pandemie erstmals online statt.

Ecosystem

Auch inhaltlich kam man beim Online-Event, der am 26. Mai 2020 auf hopin stattfand und von der brutkasten gehostet wurde, nicht am Thema Corona vorbei. Denn wenn wir eines wissen, dann ist es, dass die gesetzlichen Einschränkungen und die damit verbundenen wirtschaftlichen Entwicklungen vor allem auch viele junge Startups hart getroffen haben.

Von Offenheit geprägte Innovationskultur

Dass zwischen Salzburg und Bayern ein reger Austausch besteht und das Innovationspotenzial von beiden Seiten über die Grenzen hinausreicht, zeigten auch die vielen bayrischen Teilnehmer*innen. Und was es heißt, zum ersten Mal seit Jahrzehnten von den Nachbar*innen aus dem angrenzenden Bayern abgeschnitten zu sein, lehrte die Pandemie durch die Schließung der Grenzen. „Offene Grenzen sind für die Salzburger Startup-Szene so lebensnotwendig wie die Luft zum Atmen. Deswegen ist der grenzüberschreitende Austausch mit Bayern für uns Salzburger*innen so wichtig“, fasst es Lorenz Maschke, Experte beim Startup Salzburg Service-Point der WKS, zusammen.

Kathi Lugstein und Lorenz Maschke von Startup Salzburg unterstützten die Moderation. (Foto: WKS/Probst Photographie)

In Österreich und Bayern haben Startups den Vorteil, dass es relativ viele staatliche Förderungen gibt. So konnten einige die schwierige Zeit der Pandemie überbrücken. Wobei aber die Krise auch als Chance verstanden werden kann, in der viele Gründer*innen flexibel reagiert und ihr altes Geschäftsmodell um ein Neues erweitert haben. Das betrifft manche Branchen mehr als andere. „Bei den MedTechs (Medizin-Technologie) herrscht momentan Goldgräberstimmung“, sagte Robert Richter vom WERK1 in München. Und auch im Home-Entertainment- und Streaming-Bereich gingen die Zahlen nach oben. „Nach dem ersten Schock, der uns ins Homeoffice geschickt hat, hatten wir einen enormen Run auf unser Produkt. Dafür haben wir uns auch viel Neues überlegt, schließlich bringt unser Produkt Live-Events nach Hause“, schildert Jurorin Eva Wimmers, CEO von NativeWaves, die Lage der vergangenen Wochen.

Das Startup-Studio wurde zur Sende-Hauptzentrale des online Demo Day umfunktioniert. Gehostet wurde die Veranstaltung von der brutkasten. (Foto: WKS/Probst Photographie)

Den Ideenreichtum der Salzburger*innen merkten auch die Startup Salzburg Coaches. An Oliver Wagner, Leiter des Service-Points bei Innovation Salzburg, und seine Kolleg*innen sind besonders seit dem Corona-Ausbruch eine Vielzahl an neuen Ideen herangetragen worden: „Viele Leute hatten in den vergangenen Wochen mehr Zeit zum Nachdenken als sonst und wir sehen, dass zahlreiche innovative Ideen in den Köpfen drinnen stecken. Wir freuen uns, wenn wir hier als Sparringpartner*innen unterstützen können“, erzählte er am Startup-Salzburg-Stand in der virtuellen Expo.

Die Pitches

Um 16 Uhr hieß es „Bühne frei!“ für neun Startups aus Österreich und Bayern im Pitch. Mit dabei waren die sieben Absolvent*innen des vierten FACTORY-Durchgangs. Für sie stellt der Demo Day den krönenden Abschluss von fast einem Jahr intensivem Coaching und Weiterentwicklung im Inkubationsprogramm dar. Mit dabei waren die Blended-Learning-App Audvice, das urbane Fahrradmöbel Bikeparker, die Gaming-Schmiede Salt Castle Studio, die Gastro-App snapserve, das Photovoltaik-Kommunikationssystem solbytech, die Dokumentenzertifizierungstechnologie sproof und die Fußball-Trainingsmaschine Starball Sports. Außerdem pitchten noch das Künstliche-Intelligenz-Startup deepc aus München und helpsole aus Wiener Neustadt, beide sind im Bereich MedTech angesiedelt und wurden vom WERK1 beziehungsweise der FH Wiener Neustadt ins Rennen geschickt.

Tanja Friedrich von Bikeparker im Pitch (Foto: WKS/Probst Photographie)

Diese neun Startups mussten sich in einem jeweils dreiminütigen Pitch, der von einer dreiminütigen Frage-Session gefolgt wurde, vor der Jury und dem Publikum beweisen. Die strenge Jury setzte sich aus hochkarätigen Insidern der Startup-Szene zusammen: Olav Carlsen (Business Angel und CFO von Hydrogen Rise), Marius Donhauser (Gründer und CEO von hotelkit), Franz Fuchsberger (Senior Investor von eQventure), Eva Wimmers (CEO von NativeWaves) und Heinrich Prokop (Präsident von Clever Clover, bekannt aus „2 Minuten 2 Millionen“). Die Pitches waren durchwegs professionell und unsere Startups haben sich wacker geschlagen. Die Jury befragte sie zu Themen wie Marketingstrategie, Profit, Geschäftsmodell, die Zukunftsfähigkeit der Produkte und vieles mehr. Dabei gingen die Fragen auch richtig ans Eingemachte: von Audvice wollte die Jury zum Beispiel wissen, warum die Zielgruppe von Hochschulen und Studierenden in Unternehmen und Sales-Mitarbeiter*innen verlegt wurde, von Bikeparker, ob das modulare Fahrradmöbel auch digital erweitert werden kann, oder von Salt Castle Studio, ob sie langfristig aus der Masse der Gaming-Anbieter herausstechen können.

Florian Saria und Florian Ebner von snapserve bei der Befragung durch die Jury nach ihrem Pitch. (Foto: (Screenshot: Startup Salzburg/der brutkasten/hopin)

Übrigens: Im Demo Day Project Booklet kannst du weiterführende Infos zu den pitchenden Startups nachlesen.

Die Sieger

Der überraschende, aber klare Favorit des Demo Days war das Lungauer Startup solbytech, das den Publikums- und den Jurypreis abräumen konnte. Solbytech hat ein ausfallsicheres System zur mobilen Datenkommunikation für Photovoltaikanlagen entwickelt. Die Gründer von solbytech kennen sich von der FH Salzburg, wo sie Informationstechnik & System-Management beziehungsweise Smart Building studieren. Der Publikumspreis wurde via Voting ermittelt, wobei jede*r Besucher*in eine Stimme zu vergeben hatte. Solbytech hat sich mit knapp unter einem Viertel der Stimmen durchgesetzt. Ihr Preis sind zwei Tickets für das virtuelle Founder Festival Bits & Pretzels im Herbst 2020. Den Jurypreis teilen sich solbytech mit deepc aus München, die mit künstlicher Intelligenz radiologische Bilddaten analysieren. Die beiden Startups gewinnen jeweils eine Teilnahme an der Startup Executive Academy von Silicon Castles. Wir von Startup Salzburg gratulieren ganz herzlich!

Die glücklichen Gewinner von deepc und solbytech mit Jurorin Eva Wimmers und brutkasten-CEO Dejan Jovicevic. (Screenshot: Startup Salzburg/der brutkasten/hopin)

Die drei Gründer von solbytech waren sichtlich überrascht von ihrem Sieg. Vor allem auch, weil sie im letzten Jahr nicht immer erfolgreich gepitcht hatten. Sie haben sich aber dadurch nicht entmutigen lassen, sondern kontinuierlich an sich und ihrem Geschäftsmodell weiter gearbeitet. Das hat sich bezahlt gemacht, souverän wurde gepitcht und kompetent beantworteten sie die Fragen am Stand in der Expo. „Wir haben nicht mit dem Sieg gerechnet, weil unsere Idee schwer zu fassen ist und unser erster Pitch im vergangenen Jahr schief gegangen ist. Jetzt werden wir weiter Gas geben, unseren Industrieprototypen weiterentwickeln und noch heuer das fertige Produkt herausbringen“, freuen sich die Gründer. Und wie wird in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen gefeiert? „Räumlich getrennt, im Herzen zusammen“, lautete die sympathische Antwort des Trios.

solbytech gingen als Sieger des Publikumsvotings hervor. (Screenshot: Startup Salzburg/der brutkasten/hopin)

Investor*innen als intelligentes Korrektiv für Startups

Um die Frage „Wie gestalten Startups und Investor*innen die Zukunft?“ drehte sich der Expert*innen-Talk im Anschluss an die Pitches, bei der alle Juror*innen und Andreas Spechtler von Silicon Castles mit dabei waren. Die Expert*innen waren sich einig, dass Startup-Gründer*innen und Investor*innen einfach zusammen gehören. Auch in der Krise.

Denn Investor*innen können ein wichtiges Korrektiv für Startups sein: Sie bringen nicht nur finanziellen Wert in das Unternehmen ein, sondern vor allem auch Erfahrungswerte, Geschäftssinn und Know-how. Plädiert wurde auf gegenseitige Loyalität und Fairness von Gründer*innen und Investor*innen, denn „Heuschreckenmentalität bringt auch Investor*innen nichts – das spricht sich herum und schadet. Am besten steht man langfristig einem Startup zur Seite, mit einem gesunden Maß und Diskussion auf beiden Seiten“, fasst es Demo-Day-Moderator Dejan Jovicevic von der brutkasten zusammen.

Moderator Dejan Jovicevic von der brutkasten führte durch den Demo Day. (Foto: WKS/Probst Photographie)

Netzwerken auf der Expo

Ab 18 Uhr war dann Netzwerken und gegenseitiger Austausch auf der virtuellen Expo angesagt. Die rund 200 Besucher*innen des Demo Days haben miteinander gechattet und videotelefoniert was das Zeug hält. Insgesamt waren 39 virtuelle Stände (Booths) vertreten. Manche Stände haben wir uns genauer angeschaut.

Zeit zum gegenseitigen Austausch (Foto: WKS/Probst Photographie)

Hervorheben möchten wir zum Beispiel den Stand von together.social, einer Community-App für gemeinsame Aktivitäten. Die Top 1 Aktivität der rund 2.000 Nutzer*innen in Salzburg und dem angrenzenden Bayern ist übrigens Essen gehen in geselliger Runde, dicht gefolgt von Outdoor-Sportarten wie Klettern und Wandern. In Zeiten des Lockdowns blieb die Community aktiv und hat sich mit Videokonferenzen, Zoom-Parties, oder auch online Escape Rooms die Zeit vertrieben. Die Gründer wollen die Post-Corona Zeit positiv für ihr Startup nutzen, denn „die Leute wollen wieder hinaus und draußen in Salzburg Zeit verbringen – das ist optimal für unser Produkt“. Auch das Gespräch mit der Gründerin von spectimmo war vielversprechend. Nach der Teilnahme an der FACTORY im Jahr 2018/19 hat sie ihr Produkt komplett neu entwickelt und die automatische Erkennung von Bauschäden integriert. Somit ist spectimmo der virtuelle Sachverständige für den Immobilienkauf und seit dem Demo Day als App für iOS und Android erhältlich.

FACTORY-Absolvent*innen beim Netzwerken in der Expo mit ihren Coaches (Screenshot: Startup Salzburg/der brutkasten/hopin)

Mit Grackle Games haben wir über die Ideenentwicklung für ihr verrücktes-Professoren-Spiel gesprochen, mit Wassergeister über ihr durch Augmented Reality unterstütztes Trinkwasserkonzept, oder mit kiwaku über den Schlittenuntersatz für Kinderwägen. Weitere Startups wie Smart Sport Systems, tonestro, Damn Plastic, farmlifes und viele mehr waren vertreten. Die Besucher*innen konnten sich auch mit den Förder-Expert*innen von aws oder FFG und anderen Inkubatoren aus dem Startup-Ökosystem austauschen.

Und das Fazit vom ersten online Demo Day?

Dieser Tag war wie wir ihn kennen: ein Tummelplatz für die verschiedensten innovativen Ideen aus dem Startup-Ökosystem und die vielseitigen Menschen, die diese Ideen haben. Dieser Anspruch wurde gehalten und auch trotz räumlicher Distanz ist richtiges Demo-Day-Feeling aufgekommen. Startups, Expert*innen, Investor*innen und Interessierte haben sich intensiv ausgetauscht und Kontakte geknüpft. Nächstes Jahr möchten wir das Beste aus beiden Welten kombinieren und den Demo Day teils analog und teils virtuell durchführen.

Der erste online Demo Day ist auch bei den Besucher*innen gut angekommen. (Screenshots: Startup Salzburg/der brutkasten/hopin)

(Titelbild: WKS/Probst Photographie, Video: WKS/Robert Etter)

Nachlese: Das war der Demo Day 2019

Veröffentlicht am 28. Mai 2020

Für Startup Salzburg und Innovation Salzburg ist sie auf der Jagd nach herausragenden Ideen und den Geschichten der Menschen dahinter. Als studierte Archäologin ist sie der Überzeugung, dass man Fortschritt und Innovation nicht aufhalten kann – als Kommunikationsprofi weiß sie, dass man darüber berichten muss.

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