Ein Netzwerk, das Landwirtinnen und Landwirte in ganz Österreich und darüber hinaus vernetzt? Farmlifes verspricht genau das. Aktuell nimmt das Startup am fünften Durchgang der Startup Salzburg FACTORY teil. 

Startups

Lisa Rieder und Herbert Astl, zwei junge Gründer*innen aus dem Pinzgau, sind beide auf einem landwirtschaftlichen Betrieb groß geworden und finden, dass Landwirtinnen und Landwirte die Vorteile der Digitalisierung besser nutzen könnenDaher gründeten sie 2017 farmlifes, seit 2019 ist die Plattform onlineBereits 2.600 Bäuerinnen und Bauern sowie knapp 500 Betriebe vernetzen und tauschen sich auf farmlifes digital aus. Im April 2020 wurde dann die zugehörige App gelaunchtDer nächste große Schritt: Mit dem Farmcode sollen Kund*innen die Menschen hinter den Lebensmitteln vom Bauernhof kennenlernen.

Das Klischee vom Landleben 

Lisa und Herbert sehen sich oft mit dem Klischee-Denken Anderer konfrontiert. „Landwirt*in zu sein ist mehr als nur ein Beruf, es ist Arbeit, Freizeit und Lebenseinstellung zugleich“, erzählt Lisa. Man darf nie vergessen, dass Landwirt*innen auch Unternehmer*innen sind und mit den Erlösen aus der Landwirtschaft ihre Familien ernähren. Viele Menschen beschweren sich laut über das Tierwohl und dabei haben sie oft durch die verzerrten Darstellungen der Medien keine Ahnung, was dieses Wort eigentlich bedeutet. Artgerechte Tierhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung der Felder ist für die meisten Landwirt*innen bereits selbstverständlich.

„Mit farmlifes setzen wir uns für eine Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung ein. Die Landwirtschaft in Österreich ist vielfältig, so wie auch wir Menschen, die dahinterstehen. Man kann nicht alle in einen Topf werfen. Klischees, dass Landwirt*innen nicht über den Tellerrand blicken oder die Tiere nur als Mittel zum Zweck dienen, sind veraltet und treffen nicht mehr auf die junge Generation zu,“ erläutert Lisa.

Dieses Klischeedenken war auch ein Grund, warum die jungen Unternehmer*innen farmlifes gegründet haben. Sie wollen zeigen, dass Bäuerinnen und Bauern modern, innovativ und immer auf der Suche nach Alternativen sind. Lisa sagt: „Wir dürfen nicht leise erwähnen, dass wir Landwirt*innen sind. Wir müssen es laut in die Welt hinausschreien und stolz darauf sein!“

Die Gründer*innen Lisa Rieder und Herbert Astl. (Foto: farmlifes)

So hat alles begonnen

Lisa und Herbert kennen sich bereits seit dem Besuch der landwirtschaftlichen Fachschule in Bruck. Sie waren beide Landjugendleiter*innen in ihrem Heimatort. Dort haben sie sich schon früh mit Regionalität, Tradition und Kultur auseinandergesetzt und bei diversen Projekten mitgewirkt. Sie erkannten, dass es im Bereich der Landwirtschaft noch keine digitale Lösung für den Austausch unter Landwirt*innen gab. Daher gründeten sie 2017 ihr Startup und entwickelten ein eigenes soziales Netzwerk, das dieses Problem beheben sollte. Nach zwei Jahren intensiver Marktanalysen und Finanzplanung begannen sie mit der Entwicklung des Konzepts.

Durch die Leader-Förderzusage, einem Förderprogramm für den ländlichen Raum von Land, Bund und EU, konnten sie 2019 dann mit der Umsetzung der Plattform beginnen. Im selben Jahr ging noch die Webversion von farmlifes online. Durch die finanzielle Unterstützung der Förderung konnten sie manche Tätigkeitsbereiche fremd vergeben, um externe Kompetenzen zuzukaufen und so die Qualität zu sichern. Seitdem arbeiten sie mit einer Marketing-Agentur für größere Projekte und einem Freelancer-Netzwerk aus Köln zusammen, die die Programmierung von App und Website übernehmen.

Die beiden Gründer*innen sind es gewohnt, selbst anzupacken und sich auf verschiedenen Ebenen im Startup einzubringen. Lisa ist wesentlich für die Marketing- und Werbeideen von farmlifes zuständig. Das soziale Netzwerk ist aber nicht das einzige, an was sie tüftelt. Nach der Gründung machte sie sich zusätzlich mit einer kleinen Werbeagentur selbstständig und betreut nun beides zu jeweils 50 Prozent.

Herbert hingegen ist eher der praxisorientierte Typ. Er war vor farmlifes Forstarbeiter, landwirtschaftlicher Facharbeiter und Zimmerer. Da den Beiden noch ein IT-Fachmann fehlte, nahm er sich ein Jahr Auszeit und beschäftigte sich intensiv durch Kurse mit der Thematik. Jetzt ist er hauptsächlich für die Betreuung der IT im Startup und für die Koordination mit dem Freelancer-Netzwerk zuständig.

Farmlifes wurde 2017 für die Landwirtschaft gegründet. (Foto: farmlifes)

Das bietet farmlifes

Farmlifes ist ein soziales Netzwerk für die Landwirtschaft, das Landwirt*innen untereinander und regional vernetzt. Die Nutzer*innen stammen derzeit hauptsächlich aus Salzburg und Tirol, aber auch aus allen anderen Bundesländern, Südtirol und Bayern sind Personen vertreten. Wenn jemand Hilfe bei der Ernte benötigt, Fragen zur Tiergesundheit oder zu anderen Themen hat, dann kann die Person die Community fragen. So unterstützen sich die Landwirt*innen untereinander schnell und unkompliziert.

Landwirt*innen können auf der Plattform auch Handel betreiben. Hat jemand zum Beispiel im Sommer zu viel Heu, kann die Bäuerin oder der Bauer den Überschuss auf farmlifes anbieten. So kann etwa ein Betrieb zwei Ortschaften weiter das Heu kaufen.

Ein zusätzliches Service des Startups sind Sammelbestellungen für Landwirt*innen. Dieses Angebot war bis vor Kurzem nur digital in der farmlifes App verfügbar, gemeinsam mit zwei Experten hat man sich im Laufe der Zeit aber dazu entschieden, das Konzept auch analog anzubieten. Dadurch entstand ein neuer Geschäftszweig mit dem Namen farmlifes agrar. „Das ist bei uns in der Region vor allem ganz wichtig, weil bei uns viele kleinstrukturierte Betriebe sind, die keine größeren Mengen bestellen können. Das wird in Zukunft über farmlifes agrar abgewickelt“, sagt Lisa von farmlifes.

Aktuell befindet sich dieses Angebot noch in der Entwicklungsphase. Die Bäuerinnen und Bauern können ihre gewünschte Menge bestellen und diese werden dann von farmlifes agrar mit den anderen Bestellungen zusammengefasst. Die Bestellung wird dann zum Lager in Bramberg geliefert, bei dem sich Landwirt*innen die Ware abholen können. Durch die größere Bestellmenge können Rabatte ausgehandelt und Lieferkosten gesenkt werden. Derzeit gibt es nur den einen Lagerplatz in Bramberg. In Zukunft soll es mehr davon geben, um so viele Betriebe wie möglich zu erreichen. Außerdem ist ein Ziel, in naher Zukunft die Community in die deutschsprachigen Nachbarländer auszuweiten.

Im April 2020 wurde die App für farmlifes gelauncht. (Foto: farmlifes)

Was die Zukunft bringt

Mit ihrem sozialen Netzwerk haben Lisa und Herbert den Grundbaustein für viele weitere Ideen gelegt. Auf Startup Salzburg sind sie zufällig durch einen Werbekugelschreiber gestoßen. Dadurch haben sie sich darüber informiert und beraten lassen. Die Beiden waren 2020 beim online Demo Day dabei und haben sich dort mit vielen anderen Startups ausgetauscht. Das junge Unternehmen wurde Ende Juni in die fünfte Startup Salzburg FACTORY aufgenommen.

Die neuen FACTORY-Startups

Dort haben sie viel vor: An oberster Stelle steht ihr neues Projekt, der Farmcode. Auf farmlifes gibt es Hofprofile von derzeit knapp 500 Betrieben. Am Hofprofil können Nutzer*innen den Betrieb durch Bilder und Videos virtuell besichtigen. In Zukunft sollen diese Hofprofile über den Farmcode auch den Konsument*innen zur Verfügung stehen. Das funktioniert ganz einfach: Die Landwirt*innen bringen den Code auf dem Produkt an, die Konsument*innen scannen diesen und kommen so zum Hofprofil. So lernen sie die Menschen hinter den Produkten kennen.

In der Startup Salzburg FACTORY wollen die Gründer*innen dazu ein Betriebskonzept und die Monetarisierung im Detail mit erfahrenen Mentor*innen ausarbeiten. Denn schließlich wollen sie mit ihrem Startup auch irgendwann mal Geld verdienen. Aber auch der Austausch mit anderen Gründer*innen ist für sie wichtig. Der Farmcode soll ein Standard in Gastronomie und Handel werden. Aber natürlich sollen in Zukunft auch die Plattform und die App weiterentwickelt werden.

 

Die Gründerin Lisa Rieder im Interview. (Foto: farmlifes)

3 Fragen an Lisa von farmlifes:

Was denkst du, würdest du machen, wenn es farmlifes nicht geben würde?

Lisa: Ich glaube, ich wäre trotzdem Unternehmerin, weil das Unternehmertum an sich einfach mein Ding ist. Also das würde ich auf jeden Fall machen. Wir haben selbst zuhause eine kleine Landwirtschaft, die ich mit bestem Wissen und Gewissen betreuen würde und zusätzlich würde ich meine Werbeagentur weiter ausbauen.

Worauf ist zu achten, wenn man sein eigenes Unternehmen gründet?

Lisa: Ich denke, dass es notwendig ist, sich immer wieder auf einzelne Maßnahmen zu fokussieren. Man sollte sich spezielle Bereiche herausnehmen, die besonders wichtig erscheinen und sich das notwendige Wissen oder die notwendigen Fähigkeiten fundiert in Workshops erarbeiten. Man könnte bei einer Idee ja hundert Sachen dazu machen, aber man sollte sich immer wieder hinsetzen, fokussieren und sich auf die wichtigen Dinge beschränken. Zum Beispiel: Was braucht man, damit man am Markt bestehen kann? Man muss aber auch alles, was im Moment unwichtig ist, zur Seite schieben können und das zu einem späteren Zeitpunkt machen. Das ist essenziell, damit man überhaupt vorankommt.

Was bedeutet Erfolg für dich?

Lisa: Ich denke, Erfolg im Leben habe ich gehabt, wenn ich der Welt etwas mitgegeben habe. Dass ich in der kurzen Zeit, in der ich da war, etwas bewegen konnte, das auch anderen Menschen viel bringt oder anderen Menschen damit geholfen wurde.

 

(Titelbild: Dominikjpw on Unsplash)

Veröffentlicht am 29. Juli 2020

Abenteuerlustig und für jeden Spaß zu haben. Am liebsten verbringt sie ihre Zeit mit einem Buch in der Hand. Während ihres Kommunikationswissenschaften-Studiums in Salzburg wagt sie den Sprung in die Praxis. Als Newcomerin verbringt sie den Sommer beim ITG – Innovationsservice für Salzburg in der Kommunikation.

Ähnliche Beiträge